COVID-19 – Let’s science the s... out of this!
Isoliert am Mars – der Plot als Plan!
Mark Watney ist in einer scheinbar ausweglosen Situation. Der während einer Marsmission gestrandete Astronaut und Botaniker, findet sich alleine und von der Welt isoliert am roten Planeten wieder. So dramatisch die Lage auch ist, beschließt er nicht zu sterben und fasst den Entschluss: „So, in the face of overwhelming odds, I'm left with only one option: I’m going to have to science the s... out of this.” Mit kühlem Kopf und Wissenschaft einer beklemmenden Situation zu entkommen, der Plot von „The Martian“ mit Matt Damon.
Ein Plot, der als Plan in der COVID-19 Krise dienen könnte: Das Dilemma erkannt, Wissen und Technologie einsetzen, um die Krise nicht nur zu überleben, sondern gestärkt mit neuen Ideen, Techniken und Arbeitsweisen aus ihr heraus zu kommen. Der Ansatz des Astronauten Mark: Probleme zu identifizieren und kreative Lösungen mit vorhandenen Mitteln zu finden. Und er überlebt.
Europa bricht auf – der Weg zur „Wiedergeburt“!
COVID-19 ist wahrlich nichts Neues für Europa. Mitte des 14. Jahrhundert fegte die letzte große Pestepidemie über Europa hinweg. So dramatisch die Folgen auch waren, legte sie doch wesentlich die Basis für die „Wiedergeburt“ Europas, eine Epoche, die Historiker später eben als „Renaissance“ bezeichnen werden. Europa begann aufzublühen, in Bezug auf Kunst, Sozialem, Wissenschaft und vor allem auch Technik. Die Fortschritte waren so bahnbrechend, dass sie heute als „Renaissance Technik“ bezeichnet werden: Das Lichtmikroskop für die Wissenschaft wurde erfunden, die Saugpumpe für den Bergbau, Portugiesen erfanden die Vorstufen des Sextanten und begannen damit die Welt zu vermessen und zu entdecken, die Metallverarbeitung wurde revolutioniert und selbst die „Doppelte Buchführung“ wurde in der Renaissance erdacht.
Ermöglicht wurde die Renaissance durch neues Wissen, das auf einen Kontinent traf, der bereit für radikale Veränderungen war. Das Eine ohne das Andere wäre wirkungslos geblieben. Das Weströmische Reich zerbrach. Gelehrte aus Byzanz brachten Wissen aus dem Osten der Welt nach Norditalien. Dort traf es auf ein Europa, das nach der Pestepidemie bereit war, sich neu zu erfinden. Im späten 14. Jhd. brach Norditalien in die Renaissance auf und ganz Europa folgte ihm.
Wiedergeburt 2.0 – die neue Renaissance.
Die Geschichte zeigt: Ohne Krise keine radikale Veränderung. Das gilt für Staaten, Menschen, Unternehmen, selbst für die Natur, wie Darwin nachwies. Niemand verlässt die Komfort Zone ohne äußeren Druck, denn Veränderung ist nicht nur anstrengend, sondern auch riskant. Das Thema und die Diskussion über die Ursachen rund um das Weltklima ist keine Erfindung der „Fridays for Future“. Im legendären Bericht „Die Grenzen des Wachstums“, den der Club of Rom 1971 beim MIT in den USA in Auftrag gab und 1972 am St. Gallen Symposium präsentiert wurde, stellte schon vor 48 Jahren klar: So kann es nicht weiter gehen. Doch das Meiste wurde auf die lange Bank geschoben. Auch die Finanzkrise 2008 war nicht einschneidend genug, dass Europa und die Welt bereit waren, Fundamentales zu ändern. Die COVID-19 Krise wird fatale Folgen für Gesellschaft und Wirtschaft haben, aber vielleicht die größte Chance für Europa seit der Renaissance sein.
Unser Planet – Konjunktur, Stromverbrauch, CO2.
„CO2-Ausstoß überraschend stark gesunken“, titelt die Tagesschau am 6.1.2020 begeistert und verweist darauf, dass gegenüber 2018 die CO2 Emissionen um 7% gefallen seien. Im Wesentlichen wird das auf „Mehr Strom aus erneuerbaren Quellen, weniger Kohlestrom“ zurückgeführt. Tatsache ist, der Löwenanteil war der nachlassenden Konjunktur und der sinkenden Nachfrage nach Energie zu verdanken. Wuchs das BIP in Deutschland 2017 noch preisbereinigt um 2,5%, waren es 2018 nur noch 1,5%, 2019 wurde mit 0,6% knapp die Null verpasst. Parallel dazu fiel der Nettostromverbrauch von 556 auf 512 Terrawattstunden. Dass der Verkehr als 3. größter CO2 Emittent in Deutschland durch die schwache Konjunktur ebenfalls abflaute, ist eine logische Folge.
2021 wird sich die Presse wohl über ein Vielfaches der gefeierten 7%igen CO2 Reduktion freuen können. Die Auswirkungen der Finanzkrise auf die Realwirtschaft waren nicht annähernd so massiv, wie jene von COVID-19. Das ist schon jetzt sichtbar. Als Folge der Finanzkrise sank der Verbrauch an Primärenergieträgern in Deutschland im Jahr 2009 auf das Niveau der frühen 1970iger Jahre. Es bedarf keiner Hochrechnungen, um zu wissen, dass die Bilanz für 2020 noch dramatischer ausfallen wird. Ein Blick ins Netz reicht: NASA Satelliten Bilder zeigen blauen Himmel über chinesischen Industriestädten, die normalerweise in dichten Smog gehüllt sind. Venedigs Kanäle sind plötzlich wieder klar und die ersten Fische tummeln sich in ihnen. Verhältnisse, die „Fridays for Future“ herbeisehnt. Welche radikale Verhaltensänderung und Verzicht dies jedem Einzelnem abverlangen würde, wird nun in einem Experiment im realen Leben veranschaulicht.
Gedankenexperimente – Europa im Energie Aufbruch.
Ein deutliches und wirkungsvolles Senken der CO2 Emissionen in dem aktuell bestehenden gesellschaftlichen und technologischen System, würde derart extremer Einschnitte bedürfen, die keine freie Gesellschaft bereit wäre, dauerhaft mitzutragen. Das ist aktuell jeden Tag deutlich zu sehen. Die demokratische Lösung ist ein Systemwandel in technologischer, wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht. Die COVID-19 Krise wird derartige Einschnitte hinterlassen, dass die Bereitschaft für ein generelles Umdenken und notwendige Maßnahmen existieren könnte.
Verfahrensinnovationen wie „Microgrids“, die aktuell kaum eine Chance haben, in nennenswertem Umfang Fahrt aufzunehmen, könnten beflügelt werden. Die rechtliche Basis dafür existiert mit dem Erneuerbaren Ausbau Gesetz (EAG) in Österreich bereits. Es werden Fragen gestellt werden, ob eine weltweite Konzentration der Produktion von Batterien, Mikroelektronik und Solarzellen im asiatischen Raum so weiter tragbar ist, ob Economies of Scale alles sind und dafür Versorgungssicherheit aufs Spiel gesetzt werden darf. Ein Swing Back der Produktion in den Westen könnte die Folge sein. Das sind politische Entscheidungen. Wie auch die Frage, ob nicht der Wasserstofftechnologie eine reale Chance neben der Elektromobilität gegeben werden sollte. Das ist aktuell nicht der Fall. Die Energiedichte würde stark dafür sprechen. Die thermische Wasserspaltung im andalusischen Forschungszentrum Plataforma Solar de Almería, unter der Leitung des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR), ist bereits praktikabel, wenn auch der Wirkungsgrad noch nicht zufriedenstellend ist. Eine Frage der Forschungsanstrengungen.
Wenn nicht jetzt, wann dann? Weiter lesen!
Die Chance für eine echte Energiewende war nie so groß wie jetzt. Die Technologien existieren, der breite Wille fehlte bis jetzt. Krisen haben eine schlechte und eine gute Seite. Erstere definiert sie, letztere muss ihr abgerungen werden. Die Probleme sind identifiziert. Der Astronaut Mark Watney beschloss, nachdem ihm seine Lage bewusst war „… to science the s... out …“. Eine gute Idee. Themen dazu folgen:
- Die große Chance – Transformation jetzt!
- Collaboration – anpacken statt demonstrieren.
- HAKOM und COVID-19 – Clever durch, stärker aus der Krise.
Den Autor Stefan Komornyik kontaktieren.
Bildnachweis: © CCL | NASA/JPL/MSSS